Der Eurotax Award für die wertbeständigsten Personenwagenmodelle wird jedes Jahr mit Spannung erwartet. Ein Blick auf die Gewinner 2019 wirft die Frage auf, ob günstigere Marken durch die Kriterien der Awards grundsätzlich bevorzugt werden. Immerhin konnte 2019 Dacia insgesamt 3 Preise einfahren: davon 2 in der Schweiz in den Kategorien „City“ und „SUV“. Daneben hat der Škoda Octavia in der Schweiz zum vierten Mal in Folge den ersten Rang in der Kategorie „Business“ belegt.
Um diese Frage zu beantworten, müssen zunächst die Kriterien für die Auszeichnung unter die Lupe genommen werden. Diese sind grundsätzlich für alle Fahrzeuge gleich: Für die Auswertung berücksichtigt wurden 3-jährige PKW mit serienmäßiger Ausstattung und einer standardisierten Kilometerleistung. Voraussetzung ist ebenso eine hohe Relevanz am Markt in den vergangenen 6 Monaten. Die Angabe der Restwerte erfolgt in Prozent der ursprünglichen Listenpreise. Prämiert wurden schließlich diejenigen Fahrzeugmodelle, die als 3-jährige Gebrauchtwagen gemäß Eurotax-Analyse den geringsten Wertverlust aufweisen.
Die Entscheidung auf die Restwerte in Prozent zu fokussieren und nicht nach dem Wertverlust in Schweizer Franken zu reihen, ist die erste Maßnahme, die dem übermäßigen Vorteil von günstigen Fahrzeugen entgegenwirkt. Dennoch kann nur ein Fahrzeug der Wertmeister sein, das eine möglichst stabile und gute Wertentwicklung aufweist.
Bringt man ausschließlich den Listenpreis eines Fahrzeugs mit dem Restwert-Verlauf in Bezug, liegt auf den ersten Blick der Schluss nahe, dass günstige Fahrzeuge grundsätzlich einen geringeren Restwertverlust haben. Eine Analyse mit Daten aus Österreich (Stand: Nov.2019) scheint dies zu bestätigen, da die Restwerte für die günstigste Preis-Kategorie bis unter €15.000 ohne im Schnitt am höchsten sind. Allerdings zeigt sich auch, dass Fahrzeuge im mittleren Preis-Segment von €30.000 bis €60.000 deutlich schlechter abschneiden als teurere Fahrzeuge ab €60.000, und sogar die Preis-Klasse ab €90.000,- im Schnitt etwas höhere Restwerte erzielt.
Diese Vereinfachung auf eine einzige Variable, nämlich den Listenpreis, ist aber natürlich unzulässig: Der Restwert eines Fahrzeugs wird von einer Vielzahl von Faktoren maßgeblich beeinflusst. Unter anderem spielen Angebotsmengen, die Nachfragesituation und nicht zuletzt der tatsächlich verrechnete Neupreis unter Berücksichtigung der Rabatte eine wichtige Rolle. Insbesondere Rabatte wirken sich direkt auf den Restwert aus, da die gewährte Differenz zum Listenpreis später auf dem Gebrauchtmarkt kaum mehr wettgemacht werden kann. Auch die Strategie der Hersteller hinsichtlich Kurzzeitzulassungen sowie Volumina bei Vermietungen haben einen direkten Einfluss auf die zu erwartende Angebotsmenge auf dem Gebrauchtwagen-Markt und damit auf den Preis sowie Restwert.
Ein wichtiges Kriterium für den Wertmeister ist auch die Politik des Remarketings von Flottenfahrzeugen und Leasingrückläufern. Je besser es gelingt die vorhandenen Mengen von 3 Jahre alten Fahrzeugen der Nachfrage am Markt anzupassen, desto günstiger die Ausgangssituation. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten, die sich immer entweder um die Attraktivität des Fahrzeugs selbst (Image, Ausstattung, Begehrlichkeit) oder um Steuerung im Remarketing (zu großes Angebot drückt den Preis) drehen. Solange das Angebot die Nachfrage trifft, kann der Restwert hoch gehalten werden. Kommt es in der Angebotsentwicklung – auch wenn nur über Phasen – zu einem Überangebot an Fahrzeugen, leidet der Restwert und das kann unter Umständen auch nachhaltig sein. Nichts desto trotz, natürlich war bei Modellen wo das Angebot an Gebrauchten groß ist, auch der Absatz von Neufahrzeugen mit großer Wahrscheinlichkeit besser.
Die Top2 der österreichischen Wertmeister in der Kategorie „City“ (Dacia Sandero und Mini) wurden im Beobachtungszeitraum vor den Awards nicht nur in deutlich geringerer Stückzahl inseriert als z.B. die Volumens-Modelle Polo und Clio, die es nicht in die Top10 der Awards schafften. Das Angebots-Volumen war vor allem konstanter und zeigte deutlich weniger Schwankungen, wie die Beispiel-Grafik unten zeigt. Dabei sind der Dacia Sandero und der Mini, sowohl vom Image als auch vom Preis her, gänzlich anders positioniert. Es erzielen also eher jene Modelle hohe Restwerte, die (unabhängig vom Listenpreis) erfolgreich für eine ganz bestimmte Zielgruppe positioniert und dadurch am Markt weniger austauschbar sind. Das beginnt natürlich bereits am Neuwagenmarkt und findet seine Fortsetzung am Gebrauchtwagen-Markt.
Ein genauer Blick auf die Top 3 Plätze der letzten beiden Jahre in Österreich zeigt ebenfalls, dass keineswegs immer jene Modelle mit dem niedrigsten Listenpreis den höchsten Restwert erzielen (siehe auch Tabelle): In der Kategorie „Business“ musste sich Škoda Octavia (mit einem durchschnittlichen Listenpreis 2016 von unter €30.000,-) dem Mercedes-Benz CLA mit deutlich höherem Listenpreis (rund €40.000,-) geschlagen geben. In der Kategorie „SUV“ gewann der Audi Q2 (Listenpreis rund €32.000,-) deutlich vor Seat Ateca (Listenpreis rund €29.000,-) und Dacia Duster (Listenpreis rund €16.000,-).
In der Schweiz hat in der neuen Kategorie „Plug’n’Drive“ (eine eigene Wertung für Plug-In-Hybride und Elektro-Fahrzeuge) der Mercedes GLC Plug-in-Hybrid (Listenpreis rund CHF63.000,-) knapp vor dem Model S (Listenpreis rund CHF95.000,-) gewonnen. Und das, obwohl in dieser Kategorie mit dem Nissan Leaf und Reault ZOE Fahrzeuge mit einem Listenpreis von rund CHF30.000,- vertreten waren.
Der Restwert hängt also keineswegs überwiegend vom Listenpreis, sondern von vielen verschiedenen Faktoren ab, wobei viele davon durch eine entsprechende Modell- und Preispolitik sowie gutes Remarketing und nicht zuletzt durch ein gutes Händlernetz positiv beeinflusst werden können.
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Kategorie | Rang 1 (Sieger) | RW | Rang 2 | RW | Rang 3 | RW |
---|---|---|---|---|---|---|
City | Dacia Sandero | 65,7% | Honda Jazz | 59,9% | Suzuki Swift | 55,7% |
Business | Skoda Octavia | 54,2% | Subaru Levrg | 54,0% | VW Passat | 48,7% |
SUV | Dacia Duster | 66,7% | Seat Ateca | 65,2% | Porsche Macan | 62,3% |
Plug ‘n’ Drive | Mercedes-Benz GLC Plug-in-Hybrid | 60,2% | Tesla Model S | 59,7% | Mercedes-Benz GLE Plug-in-Hybrid | 56,3% |
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